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Feinstaub hat eine besonders kleine Korngröße: Sie reicht von 10 (PM10) bis hin zu 2,5 Mikrometern (PM2,5) und ist somit so klein, dass Feinstaub beim Einatmen tief in die Lunge des Menschen gelangen und diese nachhaltig schädigen kann. Zwar ist die Konzentration in Deutschland seit Jahren rückläufig. Trotzdem konnte Feinstaub hierzulande im Jahr 2022 für immerhin 70.000 Todesfälle verantwortlich gemacht werden. Besonders gefährdet sind Menschen mit akuten Atemwegserkrankungen oder Grunderkrankungen wie Asthma oder Allergien.
Verkehr als bedeutender Feinstaubemittent
Fast 20 Prozent der Feinstaubpartikel (PM2,5) werden von Kraftfahrzeugen freigesetzt. Sie entstehen nicht nur durch Abgase, sondern vor allem durch Bremsen- und Reifenabrieb. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens sind Ballungszentren besonders von Feinstaub betroffen. Daher fördert das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) im Rahmen seiner Innovationsinitiative „mFUND“ die Erforschung von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen, mit denen sich besonders hohe Feinstaubkonzentrationen verhindern lassen.
Denn europaweit gelten strenge Grenzwerte: Für PM2,5 liegt der Jahresgrenzwert zurzeit bei 25 µg pro Kubikmeter – für PM10 bei 40 µg. Diese Werte hat die Europäische Kommission in ihrer jüngsten Richtlinie zur Verbesserung der Luftqualität weiter gesenkt: Ab 2030 gilt für PM2,5 ein Grenzwert von 10 µg, für PM10 von 20 µg. Die neue Richtlinie gibt außerdem vor, dass vor allem in Ballungsgebieten mehr Messstationen eingerichtet werden sollen, damit sich die Einhaltung der Werte leichter überprüfen und dokumentieren lässt.
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Der Einrichtung solcher Messstationen widmen sich auch die Forschenden des mFUND-Projekts KoFeMo. An ihren Stationen messen sie jedoch nicht nur die Feinstaubbelastung, sondern erheben zudem meteorologische Daten. Denn neben dem Verkehrsaufkommen beeinflussen auch Umweltfaktoren wie Wind, Temperaturschichtung und Niederschlag die Feinstaubkonzentration in der Atmosphäre. Das Ziel der Forschenden: Die Entwicklung der Feinstaubbelastung in Abhängigkeit von Verkehr und Wetter vorherzusagen und damit Verkehrsflüsse so intelligent steuern zu können, dass Grenzwerte eingehalten werden können.
Räumlich und zeitlich hochaufgelöste Datenerfassung
Eine zentrale Herausforderung besteht darin, die Feinstaubverteilung räumlich und zeitlich hochaufgelöst zu erfassen, um belastbare Aussagen darüber treffen zu können, wie Feinstaub reduziert und vermieden werden kann. Daher erheben die Forschenden die Feinstaubbelastungsdaten hochfrequent und übertragen sie in Echtzeit in eine Big-Data-Infrastruktur. Eine Künstliche Intelligenz analysiert die Ausbreitung der Partikel, bestimmt deren Abhängigkeit von Verkehrsfluss sowie meteorologischen Parametern und prognostiziert die Partikelbewegungen unter verschiedenen Verkehrs- und Wetterbedingungen.
Auf Basis dieser Prognose lassen sich verschiedene Maßnahmen umsetzen, die die Luftqualität nachhaltig verbessern. Integriert in adaptive Verkehrsmanagementsysteme kann die entwickelte Technologie beispielsweise smarte Verkehrssteuerungen ableiten, die Emissionen minimieren und hohe Konzentrationen verhindern.
„Mithilfe hochaufgelöster Datenerfassung, KI-Algorithmen und Simulationstechnik entwickeln wir eine Methode zur Vorhersage der Feinstaubbelastung in Abhängigkeit von Verkehr und Wetter im innerstädtischen Raum. Integriert in Verkehrsmanagementsysteme soll diese Technologie dabei helfen, Verkehrsflüsse so intelligent zu steuern, dass Grenzwerte eingehalten werden können.“
Auch die Forschenden des mFUND-Projekts GOFFI zielen auf die Optimierung der Verkehrsinfrastruktur ab. Insbesondere auf Fuß- und Radwegen in Ballungsgebieten wollen sie das feinstaubbedingte Gesundheitsrisiko senken. Das Team bestimmt die tatsächliche Feinstaubbelastung der zu Fuß Gehenden und Radfahrenden jedoch nicht mithilfe einer Messstation, sondern anhand einer App mit Inhalationsfunktion.
App mit Inhalationsfunktion
Die eigens entwickelte Smartphone-App ermittelt anhand des individuellen Körperprofils, der Bewegungsdaten sowie orts- und zeitabhängiger Feinstaubkonzentration verschiedene Kennzahlen wie inhalierte Gesamtmenge an Feinstaub, Atemvolumen, Fortbewegungsgeschwindigkeit und Streckensteigung.
Auf Basis der Ergebnisse kartieren die Forschenden die Feinstaubbelastung verschiedener Nutzendengruppen, analysieren den Zusammenhang zwischen Verkehrsaufkommen und Luftqualität und entwickeln konkrete Optimierungsvorschläge für urbane Mobilitätsstrukturen wie die Verkehrsinfrastruktur von Fuß- und Radwegen.
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gilt Luftverschmutzung neben dem Klimawandel als eine der größten umweltbezogenen Bedrohungen für die menschliche Gesundheit. Daher empfiehlt die WHO besonders strenge Grenzwerte für Feinstaub, die mit 5 µg für PM2,5 und 15 µg für PM10 noch weit unter den ab 2030 in der EU geltenden liegen.
Neben technischen Innovationen, die an den Fahrzeugen ansetzen, können vor allem smarte Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen dabei helfen, Grenzwerte einzuhalten und mobilitätsbeschränkende Maßnahmen wie Fahrverbote zu vermeiden.
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