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Autonomes Fahren im öffentlichen Verkehr

Per Shuttle zur Arbeit?

Ein autonomer öffentlicher Verkehr würde zahlreiche Vorteile bieten. Selbstfahrende Shuttles etwa gelten als umweltfreundlich, sicher und effizient. Im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND fördert das BMDV Forschungsprojekte, die untersuchen, wie autonome Shuttles mit Hilfe von datenbasierten Entscheidungstools im Nahverkehr eingeführt werden können.

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Quelle: Adobe Stock / Mickis Fotowelt

Autonome Fahrzeuge bieten nicht nur für den privaten, sondern auch für den öffentlichen Verkehr zahlreiche Vorteile. So sind sie beispielsweise elektrisch angetrieben und produzieren auf der Straße keine Emissionen. Gleichzeitig gelten sie als besonders sicher, da sie u. a. mittels Sensoren, Umfelderkennung und Selbstlokalisierung dazu beitragen, die Anzahl der Verkehrsunfälle zu reduzieren. 

Auch ihre Effizienz ist ein Pluspunkt: Das Einhalten eines idealen Abstands zueinander in einer Kolonne und das Ausnutzen einer „grünen Welle“ spart Energie. Eine automatisierte Parkplatzsuche spart zudem Zeit und schont die Nerven der Verkehrsteilnehmenden. Shuttle-Dienste, die keine Fahrenden erfordern, machen den öffentlichen Verkehr kostengünstiger und könnten dort Mobilität schaffen, wo wirtschaftliche Angebote fehlen, z. B. auf dem Land, im Stadtquartier oder als Zubringer. Dies könnte mehr Menschen vom Auto zum öffentlichen Verkehr bewegen. 

Mit der Innovationsinitiative „mFUND“ fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) Forschungsprojekte, die Städte und Kommunen dabei unterstützen, die Rahmenbedingungen für die Einführung autonomer Shuttles im Nahverkehr mit Hilfe datenbasierter Entscheidungstools zu untersuchen.

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Quelle: Pressemitteilung Bitkom vom 18. November 2024.

Laut einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands Bitkom können sich mehr als drei Viertel der Deutschen vorstellen, ein autonom fahrendes Shuttle oder einen autonom fahrenden Bus zu nutzen. 62 Prozent der Befragten zeigen sich sogar offen gegenüber autonomen Privat-Pkws. Dennoch gibt es auch Bedenken und Vorbehalte gegenüber autonom fahrenden Fahrzeugen: In einer Umfrage der Allianz Versicherung aus dem Jahr 2023 geben rund 20 Prozent der Befragten an, dass sie „wenig“ oder sogar überhaupt „kein Vertrauen“ in autonom fahrende Autos haben. Grund dafür dürften u. a. Haftungsfragen sein.

Aktuell muss in Deutschland noch eine Sicherheitsperson in den Fahrzeugen anwesend sein, die notfalls die Führung übernehmen kann, sobald das System die Fahraufgaben nicht mehr bewältigen kann. Dieses Anwendungsszenario entspricht der vierten von fünf insgesamt Automatisierungsstufen für autonome Fahrzeuge. Auf den niedrigeren Stufen kommen zwar schon heute verschiedene Assistenzsysteme wie Tempomaten oder automatische Einparkhilfen zum Einsatz. Die Verantwortung für das Fahrzeug liegt jedoch komplett beim Fahrenden. Erst auf den Stufen vier und fünf übernimmt das System die Verantwortung für das Fahrzeug. Und auf Stufe fünf ist keine Sicherheitsperson mehr im Fahrzeug erforderlich. Es kommt ohne Lenkrad und Pedale aus – und wird von einer Leitzentrale aus zu seinen Zielen geschickt.

Rechtliche Rahmenbedingungen für das autonome Fahren

Um die rechtlichen Rahmenbedingungen für die oberen beiden Automatisierungsstufen zu schaffen, hat das BMDV in den vergangenen Jahren zahlreiche Gesetze und Verordnungen auf den Weg gebracht. Im Jahr 2021 trat zum Beispiel ein Gesetz zum autonomen Fahren in Kraft, das u. a. regelt, unter welchen Voraussetzungen autonomen Shuttle-Fahrzeugen eine Betriebserlaubnis erteilt werden kann. Ein Jahr später trat eine Verordnung in Kraft, mit der entsprechende Details geregelt werden.

"Wir entwickeln ein Modell, mit dem Kommunen und Verkehrsbetriebe verschiedene Parameter berücksichtigen könnten, darunter ÖPNV-Angebot, ökonomische Effekte der Erschließung von Wohn- und Industriegebieten, Infrastrukturkosten und Auswirkungen auf Klimawandel und Luftverschmutzung.“

Sönke Beckmann

Projekt Be_automateD

Eine weitere Voraussetzung ist ein reibungsloser Datenfluss: Vernetzte Fahrzeuge müssen Daten in Echtzeit über eine digital ertüchtigte Infrastruktur schicken und empfangen können. Eine solche Infrastruktur erfordert ein hochgenaues 3D-Modell, das u. a. alle Verkehrszeichen mit Inhalt, Position bzw. Geltungsbereich sowie Ampeln beinhaltet. 

Erst nachdem diese Infrastruktur steht, ist es sinnvoll, die Leitzentrale einzurichten, die mit den Bussen kommuniziert, Testfahrzeuge zu entwickeln und ein Sicherheitskonzept zu erarbeiten. Der Zustand der Infrastruktur gibt demnach Aufschluss darüber, ob sich der Einsatz autonomer Shuttlebusse lohnt. Forschende des mFUND-Projekts Be_automateD entwickeln daher ein Modell, mit dem Städte, Kommunen und Verkehrsbetriebe die regionale Infrastruktur bewerten können.

Einsatz autonomer Shuttle-Busse – Kosten und Nutzen

Dazu visualisiert das Forschungsteam zunächst beispielhaft ein bestimmtes Betrachtungsgebiet in Form eines Modells. Es analysiert dessen Infrastruktur und betrachtet dabei Faktoren wie ÖPNV-Angebot, ökonomische Effekte der Erschließung von Wohn- und Industriegebieten sowie Auswirkungen der Treibhausgasemissionen auf Luftverschmutzung und Klimawandel. Die Forschenden kalkulieren die Infrastrukturkosten und stellen sie dem Nutzen neuer Buslinien gegenüber. Die Ergebnisse integrieren sie in Form von Filtern in die Karte des Modells. Das ermöglicht den Nutzenden, Kosten und Nutzen mit einem Klick abzurufen.

Das Team des mFUND-Projekts Kombinom_2 geht einen Schritt weiter: Es erleichtert Kommunen mit seiner Anwendung die Entscheidung, ob autonome Shuttles mit Warentransportmöglichkeiten kombiniert werden könnten. Eine räumlich übertragbare Datenbank soll dabei als Entscheidungsbasis dienen. Zur Erstellung dieser Datenbank typisieren die Forschenden zunächst ländliche Räume aus bestehenden Datenquellen. Anschließend gehen sie der Frage nach, welche betrieblichen und verkehrlichen Parameter bei der Konzeption von Mobilitäts- und Logistikmodellen für autonome Fahrzeuge berücksichtigt werden müssen. 

Anhand identifizierter Parameter entwickelt das Projekt Szenarien und Geschäftsmodelle – und simuliert einen kombinierten, autonomen Bedarfsverkehr. Bei der Untersuchung der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Beschäftigung mit Haftungsfragen berücksichtigen sie, dass die Formulierung gesetzlicher Vorgaben eng verknüpft ist mit den zugrundeliegenden technischen Möglichkeiten. Im letzten Schritt analysieren und validieren die Forschenden sämtliche Ergebnisse.

Bis erste fahrerlose Autos auf deutschen Straßen unterwegs sind, dürfte es indes noch viele Jahre dauern. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass in Deutschland erst im Jahr 2040 die ersten komplett fahrerlosen Autos unterwegs sein könnten. Die Übergangsphase wird geprägt sein von hochautomatisierten Fahrsituationen.

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