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Digitale Wasserstraßen

Für mehr Sicherheit in der Seeschifffahrt

Die verstärkte Nutzung durch die Schifffahrt und die wachsende Anzahl von Offshore-Windparks erfordern nicht nur in der Deutschen Bucht ein hohes Maß an Verkehrssicherungsmaßnahmen. Mit der Innovationsinitiative „mFUND“ fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) Forschungsprojekte, die den Verkehrsträger Wasserstraße innovativer, digitaler und sicherer machen.

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Quelle: Adobe Stock / aubi1309

Jährlich passieren etwa 120.000 Schiffe die Deutsche Bucht. Damit gehört sie zu den meist befahrenen Küsten- bzw. Hochseegebieten der Welt. Allein auf der Route vom Ärmelkanal und den Beneluxländern nach Dänemark und Norwegen sind jährlich etwa 30.000 Schiffe unterwegs. Rund 724 Mio. Euro investiert der Bund laut Haushaltsplan im Jahr 2024 für „Ersatz-, Aus- und Neubaumaßnahmen“ der deutschen Wasserstraßen. Die Gesamtinvestitionen für die Wasserstraßen gemäß Bundesverkehrswegeplan 2030 liegt bei 24,5 Mrd. Euro.

Die starke Nutzung durch die Schifffahrt erfordert insbesondere durch die wachsende Anzahl von Offshore-Windparks im deutschen Nordseeteil ein hohes Maß an Verkehrssicherungsmaßnahmen. Eine automatisierte und vernetzte Schifffahrt könnte die Beobachtung und Regelung des Schiffsverkehrs vereinfachen und sicherer machen. Daher fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) die Entwicklung von Digitalen Testfeldern an deutschen Wasserstraßen (DTW) , zu denen auch circa 23.000 Quadratkilometer Seewasserstraßen gehören. 

Das Förderprogramm soll der Industrie die Möglichkeit geben, Systeme für das automatisierte bzw. autonome Fahren auf dem Wasser unter realen Bedingungen zu erproben und weiterzuentwickeln. Gleichzeitig ermöglicht eine Digitalisierung der Schifffahrt die Vernetzung und Optimierung von Logistikketten, macht die Wasserstraße als Transportweg attraktiver – und hebt so die Potenziale zur Verlagerung von der Straße auf die klimafreundlichere Wasserstraße.

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Bundesministerium für Digitales und Verkehr (2016): Bundesverkehrswegeplan 2030 

Auch im Rahmen seiner Innovationsinitiative „mFUND“ fördert das BMDV Forschungsprojekte, die den Verkehrsträger Wasserstraße innovativer und digitaler machen. Einen Beitrag zur Digitalisierung der Seeschifffahrtstraßen leistet das mFUND-Projekt TrilaWatt. So erstellt das Forschungsteam einen digitalen Zwilling des trilateralen Wattenmeergebiets vor den Küsten der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks. Das digitale Modell hat vielfältige Vorteile: Es vereinfacht nicht nur Planungs- und Entscheidungsprozesse zur Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur. Da es die Bewertung der Umweltauswirkungen von Schifffahrt und Windkraftanlagenbau ermöglicht, erleichtert es zudem die Bewirtschaftung und marine Raumplanung. Das beschleunigt zum einen die Einrichtung mariner Schutzzonen, zum anderen aber auch den Bau von Windkraftanlagen – und somit die nachhaltige Energieerzeugung im Offshore-Bereich.

Grenzüberschreitende Geodaten sammeln

Grenzübergreifende Geodaten zu prägenden physikalischen Eigenschaften und Prozessen des Wattenmeers sind bislang nicht nur eher heterogen und lückenhaft. Auch der öffentliche Zugang zu diesen ist eingeschränkt. Das Forschungsteam hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, diese Daten derart umzuwandeln, dass sie referenzierbar, verlässlich, frei verfügbar und gut dokumentiert sind: Sie ergänzen Basisdaten aus den Niederlanden, Deutschland und Dänemark mit Wassertiefe (bathymetrischen) und Boden betreffenden (sedimentologischen) Mess- und Fernerkundungsdaten des gesamten Wattenmeers. 

Diese großen Datenmengen werden in einer strukturierten Datenbank gespeichert, um sie anschließend mit dem bestehenden Geoportal „Marine Daten-Infrastruktur Deutschland (MDI-DE)“ zu verknüpfen. Das Gesamtsystem aus homogenisierten Natur- und Simulationsdaten werden schließlich um Analyse- und Zugriffsmethoden für Big-Data-Anwendungen erweitert.

Das Know-how geht jedoch nicht nur direkt an die ausführenden Behörden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung. Es eignet sich auch für eine Vielzahl weiterer Zielgruppen: Neben Forschenden, öffentlichen Institutionen und NGOs dürften auch Beraterinnen und Berater, Wirtschaftsverbände und Hafengesellschaften daran ein Interesse haben. Auch Branchen wie Schifffahrt, Energiewirtschaft, Fischerei und Tourismus könnten davon profitieren.

KI optimiert polare Schiffsrouten

Auch das mFUND-Projekt FAST-CAST 2 unterstützt bei der Digitalisierung von Schiffsrouten: Das Forschungsteam entwickelt ein Verfahren, das Schiffe mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) durch eisbedeckte Gebiete navigieren kann. Hintergrund ist der Wunsch, die Arktis als kürzestem Seeweg zwischen Europa und Asien zu nutzen. Die Route spart Zeit und Treibstoff, erfordert jedoch zur sicheren Navigation eine verlässliche Einschätzung der Eissituation.

Eisrelevante Daten wie die des Copernicus-Programms der EU liegen zwar vor. Die tagesaktuellen Satellitenbilder und Modellprognosen sind jedoch mehrere Terabyte groß und schnell veraltet. Kapitäninnen und Kapitäne können sie daher nicht für Navigationsentscheidungen nutzen, denn auf einem Schiff muss die Routenberechnung vollautomatisch und vor allem schnell erfolgen.

Das Team des Projekts FAST-CAST 2 entwickelt einen KI-basierten Prozess, der Daten von Erdbeobachtungssatelliten sowie Wetter- und Eisdriftvorhersagen für Routenvorschläge durch eisbedeckte Gebiete nutzbar machen kann. Dazu nutzen die Forschenden die im Vorgängerprojekt FAST-CAST entwickelten Prozesse, die hochaufgelöste und schnelle Eisdriftvorhersagen für die polare Schifffahrt erzeugen können. 

Auswertealgorithmen erstellen auf Basis von AIS-Daten Eisdriftmodelle in Echtzeit: AIS steht für „Automatic Identification System“, ein Funksystem, mit dem Schiffe u. a. Navigationsdaten austauschen. AIS verbessert dadurch nicht nur die Sicherheit und die Lenkung des Schiffsverkehrs. Es ermöglicht auch die Bestimmung von Geschwindigkeitsprofilen im Eis. Satellitendaten validieren die Modelle.

Aus klassifizierten und prognostizierten Eisinformationen erstellt das Team einen sich kontinuierlich aktualisierenden, vierdimensionalen Datenraum (Länge/Breite/Zeit/Eisklasse). Diesen integrierten die Forschenden als Navigationselement in die bestehende IcySea-App, sodass Nutzende hier ihre Routenwünsche eingeben können und eine visualisierte Routenberechnung erhalten.

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„Der digitale Zwilling des trilateralen Wattenmeergebiets vereinfacht nicht nur Planungs- und Entscheidungsprozesse zur Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur. Er erleichtert zudem die Planung der Bewirtschaftung, marine Raumplanung und Bewahrung mariner Schutzzonen. Dadurch beschleunigt er beispielsweise die Planung von Windkraftanlagen.“

Dr. Robert Lepper, Projekt TrilaWatt

Bundesanstalt für Wasserbau (BAW)

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